Wahrheit und Meinung

Vogler
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Alles was wir hören ist eine Meinung. Alles was wir sehen ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit.“ Diese Weisheit des Marcus Aurelius (römischer Kaiser von 121 bis 180 n.Chr.) hat auch Jahrhunderte nach ihm von seiner Bedeutung nichts eingebüßt.

Gerade im zu Ende gehenden Jahr haben die Medien – allen voran die Öffentlich-Rechtlichen – dafür zu Hauf Beispiele geliefert. Im Frühjahr erschreckten uns ARD und ZDF mit Bildern eines offenbar austrocknenden Gardasees. Es wurde eine Uferperspektive gezeigt, die durchaus genau diesen Eindruck vermitteln konnte. Ein Blick auf die Entwicklung des Pegelstandes 2023 offenbart aber für das Frühjahr als auch für den Sommer einen überdurchschnittlich hohen Wasserstand, im Spätsommer wurden sogar Spitzenwasserstände erreicht.

In der Spiegel-Ausgabe vom 1.4.2000 erklärte ein „Wissenschaftler“, Schneemengen und ein „richtiger Winter“ sei in unseren Breiten im Jahr 2020 und später wohl nicht mehr zu erwarten. In den vergangenen Wochen offenbarte ein Blick aus dem Fenster eher das Gegenteil. Erst Jahre später wurde diese Aussage relativiert und der Zeitraum auf 2050 erweitert. Auch solche Statements und Veröffentlichungen sind bestens geeignet, das Vertrauen der Menschen in die ernsthafte Wissenschaft zu den Themen „Wetter und Klima“ nachhaltig zu erschüttern.

Ein weiteres Beispiel ist die vor einigen Jahren mit schrillen Tönen geführte Diskussion zur „Feinstoffbelastung“. Im Jahre 2018, mithin vor fünf Jahren, erweckten nahezu alle Medien den Eindruck, ein Passieren des Stuttgarter Neckartors berge unwägbare gesundheitliche Risiken – ja beim ständigen Aufenthalt im Dunstkreis des Neckartors, drohe Gefahr für Leib und Leben. Mindestens aber werde sich die Lebenszeit deutlich verkürzen.

Ein weiteres Beispiel zur „Glaubwürdigkeit“ der Medien ist der Ukraine-Konflikt. Zu der seit etwa Mai laufenden „Frühjahrsoffensive“ der Ukraine überboten sich die Nachrichtensendungen mit Erfolgsmeldungen. Es verging kaum eine Woche, in der Staatpräsident Selenskyj nicht über die „Rückeroberung von strategisch bedeutsamen Gehöften, Bauernhöfen und dörflichen Ansiedlungen“ im deutschen Fernsehen ausführlich zu Wort kam. Zwischenzeitlich lässt sich den Nachrichten entnehmen, dass diese Offensive wohl gar nicht so erfolgreich war – eher sei das Gegenteil der Fall.

Informationen werden in Hülle und Fülle angeboten. Selbst wenn der Wahrheitsgehalt hoch ist, ist es nicht einfach, diese Informationsflut in die eigene Meinungsfindung einzusortieren und den wahrhaftig wichtigen Kern herauszuschälen. Das gilt natürlich auch für diese Kolumne. Medienberichte reflektieren das Denken und die Einschätzung des jeweiligen Autors. Auch wenn man sich große Mühe gibt: Allein durch die Themenauswahl erfolgt bereits Meinungsbildung. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, wenn die Zeilen kritisch gelesen und mit der eigenen Einschätzung abgeglichen werden.

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ein friedlich-fröhliches Weihnachtsfest im Kreise lieber Menschen sowie einen guten Start in das neue Jahr. Ich melde mich nach der Pause zum Jahreswechsel Ende Januar wieder an dieser Stelle.

Zum Autor

Im Jahre 1971 startete Hans-Jörg Vogler (73) als nebenberuflicher Vereinsberichterstatter seine journalistische Karriere und nach Stationen als Redaktionsleiter und Publizist mehrsprachiger, internationaler Kundenmagazine sowie als Autor von vier Büchern ist der gelernte Redakteur bis heute in Biebergemünd als "Freier Autor" aktiv. Von 1977 bis 2001 gehörte Vogler - mit einer kurzen Unterbrechung - als CDU-Abgeordneter dem Main-Kinzig- Kreistag an und war zehn Jahre lang CDU-Fraktionsvorsitzender in Erlensee. Partei und aktiver Politik hat er vor mehr als 20 Jahren den Rücken gekehrt.


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