Butter und viel Wartezeit für den „himmlischen Genuss“

Bayern
Tools
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

In den Räumen des VerbraucherService Bayern (VSB) im Katholischen Deutschen Frauenbund (KDFB) im obersten Stockwerk des Roten Baus in Würzburg steht Hauswirtschaftsmeisterin Iris Graus in einer blitzblanken Küche hinter einer Kochinsel und wiegt sorgfältig Zutaten ab.

Sie trägt ein schwarz-weiß gestreiftes Langarmshirt und eine Schürze vom Verbraucherservice Bayern. Die graue Arbeitsfläche ist voll mit durchsichtigen Schüsselchen, daneben stehen eine knallrote Küchenmaschine und ein Mixer. Zuerst macht Graus einen Vorteig, der 20 Minuten gehen muss. „Für einen zwei Kilogramm schweren Stollen reichen mir eineinhalb Päckchen Hefe“, erklärt sie. Die Hefe rührt sie mit einem Schuss lauwarmer Milch an. Dann fügt sie die restliche Milch mit etwas Mehl hinzu. Während der Vorteig geht, würfelt sie Orangeat und Zitronat und mixt diese mit Bittermandeln. Graus mahnt: „Bittermandeln sind im Rohverzehr giftig. Diese müssen vor dem Verzehr gebacken werden.“ Anschließend tränkt sie Rosinen mit Rum. In die Schüssel unter dem Rührgerät gibt sie nun nacheinander die Zutaten. Es ist eine lange Liste: Mehl, Butterschmalz, Stollengewürz, Butter, Zucker, Salz und die Mischung aus dem Mixer. „Da die Mischung durch den hohen Fruchtanteil recht fest ist, müssen wir Knethaken verwenden.“ Zum Schluss kommt der Vorteig in die Schüssel. „Ach, fast hätte ich die Zitrone vergessen“, ruft Graus plötzlich. Wenig später duftet es im Raum nach Zitronenschalen, die sie in den Teig raspelt. Mit der Zitronennote ist der Teig für Graus perfekt. Nachdem alle Zutaten gut verrührt sind, stellt sie den Teig für eineinhalb Stunden an einen warmen Platz und lässt ihn gehen.

Die Wartezeit reicht für einen geschichtlichen Exkurs. Graus erzählt von der Geschichte hinter dem „Dresdner Stollen“. Der Stollen war früher ein Fastengebäck, somit waren die Zutaten Butter und Milch ausdrücklich verboten. „Weil die Sachsen Leckermäuler waren“, habe der Kurfürst Ernst von Sachsen zusammen mit seinem Bruder Albrecht der Beherzte mehrere Päpste um eine Aufhebung des Verbotes gebeten. Papst Innozenz der Achte ließ sich schließlich erweichen und schrieb 1491 den historischen „Butterbrief“. Seitdem darf dem „Dresdner Stollen“ Butter zugefügt werden. Der Stollen ist übrigens nicht nur geschichtsträchtig, sondern auch markenrechtlich geschützt. 134 Dresdner Bäckereien und Konditoreien dürfen momentan das Original „Dresdner Stollen“ backen. Eineinhalb Stunden wartet Graus natürlich in Wirklichkeit nicht. Sie macht mit einem Teig weiter, den sie schon vorbereitet hat. Der nächste Schritt: „Ich forme den Teig zu einer dicken Rolle, die an das gewickelte Jesuskind erinnert.“ Circa ein bis zwei Zentimeter schneidet sie die Teigrolle anschließend ein, was dem Stollen später seine traditionelle Form gibt. Danach schiebt sie den Teig in den Ofen.

Nachdem der Stollen fertig gebacken ist, zerlässt Graus Butter und bepinselt damit den Stollen. Konzentriert streut sie Kristallzucker auf das Gebäck. Diese Prozedur wiederholt sie noch einmal. Obwohl man nun große Lust bekommt, direkt ein Stück zu probieren, muss man sich noch ein bisschen gedulden. Zuerst muss der Stollen, in Frischhaltefolie gewickelt, gut auskühlen. Nach zwei Wochen ist er dann optimal zum Verzehr. Graus hat noch einen letzten Feinschmeckertipp: „Kurz vor dem Verzehr meines Christstollens staube ich diesen nochmal richtig fest mit Zucker ein.“ Ihr Christstollen Dresdner Art sei „mit Sicherheit ein himmlischer Genuss“. In einem Film auf dem YouTube-Kanal des Bistums Würzburg kann man Graus dabei zusehen, wie der Rosinenstollen Dresdner Art gemacht wird (https://www.youtube.com/watch?v=1n8TeTTGXs4).

 Foto: © Vincent Poschenrieder (POW) | Hauswirtschaftsmeisterin Iris Graus präsentiert den fertigen Rosinenstollen Dresdner Art. Der originale "Dresdner Stollen" darf nur von 134 Dresdner Bäckereien und Konditoreien gebacken werden, erklärt sie.


PS: Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von Aschaffenburg News!