Situation von Arbeitsmigrantinnen und -migranten in den Blick genommen

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Die Ackermann-Gemeinde im Bistum Würzburg hat am Samstag, 13. Mai, die Situation von Arbeitsmigrantinnen und -migranten in den Blick genommen.

In der Reihe „Armut trifft…“, die von verschiedenen kirchlichen Verbänden in der Diözese getragen wird, lud der Verband in Zusammenarbeit mit Renovabis und der Diözesanstelle Weltkirche zu einer Podiumsdiskussion ins Würzburger Burkardushaus ein. „Sie fehlen. Immer. Irgendwo. Arbeitsmigration aus Osteuropa“ lautet das Motto der diesjährigen Renovabis-Aktion. Dr. Anrás Márton, Caritas-Direktor in Alba Iulia, Rumänien, kam von der Eröffnung der Renovabis-Pfingstaktion aus Hildesheim nach Würzburg. In seinem Impulsreferat machte er anhand Zahlen deutlich, wie sein Land unter der Abwanderung von Fachkräften leidet, heißt es in einer Pressemitteilung der Ackermann-Gemeinde: Vier Millionen Menschen sind seit der Wende abgewandert, das sind knapp 30 Prozent der Bevölkerung. Darunter sind beispielsweise je knapp ein Drittel der Ärzte und der Jugendlichen zwischen 15 und 29 Jahren. Das bedeute ein „Ausbluten“ der sozialen Strukturen wie Familien und Gemeinden. Innerhalb der EU ist Rumänien das ärmste Land. Márton empfahl, Mindeststandards in der Sozialpolitik auf EU-Ebene zu schaffen. So sollten verbindliche Qualitätsstandards bei der Arbeitsvermittlung und den Arbeitsverträgen eingehalten werden. Die Zivilgesellschaft müsse gestärkt werden, um ein Abgleiten in radikale Entwicklungen zu verhindern. Der Landtagsabgeordnete Manfred Ländner gab Ergebnisse einer Anfrage an die bayerische Staatsregierung bekannt, die Einblick in die Situation der Arbeitsmigration in Unterfranken gab. Allein 63.000 Ausländer sind demnach hier als sozialversicherungspflichtig registriert. Diese kommen größtenteils aus Polen und Rumänien. Sie sind vor allem in der Land- und Forstwirtschaft, in der Pflege, in der fleischverarbeitenden Industrie und im Logistikbereich tätig. Sorge mache Ländner der sogenannte „Graubereich“, der vor allem im Pflegebereich herrsche. Auch in der Logistik seien viele Fahrer hier tätig, aber nicht registriert, da sie bei ausländischen Firmen angestellt seien. Fortschritte sah Ländner bei der Unterbringung und durch die Einführung des Mindestlohns. Zugleich betonte er, dass Rechtsvorschriften nur so gut seien wie sie auch überwacht werden könnten. Er betonte, dass auch Deutschland einen Fachkräftemangel habe. „Dieses Problem müssten wir aber selbst angehen.“

Marius Hanganu aus Nürnberg ist Mitarbeiter in einer der deutschlandweit agierenden 13 Beratungsstellen von „Faire Mobilität“. Die Instabilität und die Ausbeutung von ausländischen Arbeitskräften führten vor zehn Jahren zur Gründung dieser Organisation durch den DGB. Täglich erreichten ihn zahlreiche Anfragen, die prekäre Arbeitsverhältnisse von Arbeitsmigrantinnen und -migranten betreffen, berichtete er. Eine kostenlose Hotline in den Sprachen der osteuropäischen Länder erleichtere die Kontakte zu den Beratungsstellen. Er plädierte für eine Ausweitung der Beratungsstrukturen und forderte für Bayern eine zentrale Anlaufstelle. Eva-Maria Pscheidl, Leiterin des Fachbereichs Pflege und Betreuung im Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Würzburg, stellte das Projekt „CariFair“ vor. 2009 in Paderborn gestartet, gibt es seit kurzen auch in Unterfranken eine solche Anlaufstelle. Es geht um die Vermittlung von Pflegekräften in Privathaushalte. Bei Besuchen ergeben sich oft Hinweise auf prekäre Situationen im Pflegebereich. Bei „CariFair“ erlebten die Betreuungskräfte und die Betreuten eine gerechte, transparente und legale Arbeitssituation. Ohne die Kräfte aus Osteuropa wäre in Deutschland vielfach keine häusliche Pflege gesichert. Seit September vergangenen Jahres seien 50 Anfragen eingegangen, sechs Personen konnten vermittelt werden. Im anschließenden Podiumsgespräch griff Moderator Alexander Sitter von der Diözesanstelle Weltkirche die Forderungen auf, die im „Münchner Appell“ von Renovabis an Politik, Gesellschaft, Kirche und jeden Einzelnen gestellt werden. Es sei schnell klargeworden, dass die Thematik weder in der Politik, noch in den Köpfen der Menschen angekommen sei.

© Gabriele Meinert | Mit der Situation von Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Osteuropa hat sich am Samstag, 13. Mai, eine Podiumsdiskussion im Würzburger Burkardushaus beschäftigt, zu der die Ackermann-Gemeinde gemeinsam mit Renovabis und der Diözesanstelle Weltkirche eingeladen hat.


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