Seite 1992 haben die Menschen zwischen Neckar und Weser damit die Möglichkeit, die Chefs der Kommunalverwaltungen unabhängig von den regierenden Mehrheitsparteien zu bestimmen. Bei den Listenwahl konnte es durchaus passieren, dass Wählerinnen und Wähler lediglich Parteien wählten und keine Kenntnis über die einzelnen Kandidaten hatten. Viele Ämter wurden dabei „im Hinterzimmer“ ausgekungelt, wobei meistens Personen zum Zuge kamen, die bei ihren Parteifreunden hohes Ansehen hatten – was die Wähler darüber dachten, das stand auf einem anderen Blatt. Bei einer Direktwahl müssen sie sich jedoch mit jeder Person auseinandersetzen, was oft zu einem differenzierteren Wahlverhalten führt Bei der Direktwahl müssen gewählte Kandidaten sich unmittelbar gegenüber ihren Wählern präsentieren.

Die Partei tritt dabei etwas in den Hintergrund, wobei allerdings bei den meisten Direktwahlen die jeweiligen Parteien einen Vorschlag präsentieren. Ergänzend dazu können sich natürlich „unabhängige und parteilose“ Personen bewerben. Bei den letztgenannten gehen Wählerinnen und Wähler davon aus, dass eben diese „Unabhängigen“ keiner Partei angehören, wenn sie in den offiziellen Bekanntmachungen als solche gelistet werden.

Der Blick auf die Plakatlandschaft verdeutlicht auf den ersten Blick hingegen kaum noch, welche Partei hinter den einzelnen Bewerbern steht. Wie eine Kandidatin oder ein Kandidat seine Plakate und andere Werbemittel gestaltet, das steht auf einem anderen Blatt. Hier steht die Person im Mittelpunkt. Dessen ungeachtet ist natürlich für die meisten Wählerinnen und Wähler die parteipolitische Einordnung von Bewerbern ein wichtiges Kriterium für die Wahlentscheidung.

Wer einer Partei – unter Umständen sogar als Verantwortungsträger in den Parteigremien – angehört, sollte dies bei einer Direktwahl nicht eines kurzfristigen, vermeintlichen Vorteils wegen totschweigen. Zu den Spielregeln einer Direktwahl gehört es schließlich auch, mit offenem Visier den Wahlkampf zu bestreiten.

Zum Autor

Im Jahre 1971 startete Hans-Jörg Vogler (72) als nebenberuflicher Vereinsberichterstatter seine journalistische Karriere und nach Stationen als Redaktionsleiter und Publizist mehrsprachiger, internationaler Kundenmagazine sowie als Autor von vier Büchern ist der gelernte Redakteur bis heute in Biebergemünd als "Freier Autor" aktiv. Von 1977 bis 2001 gehörte Vogler - mit einer kurzen Unterbrechung - als CDU-Abgeordneter dem Main-Kinzig- Kreistag an und war zehn Jahre lang CDU-Fraktionsvorsitzender in Erlensee. Partei und aktiver Politik hat er seit langem den Rücken gekehrt.


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