Bei Gas-Boykott droht Rezession in Bayern

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Laut einer aktuellen Umfrage der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., an der sich mehr als 1.100 bayerische Unternehmen mit über einer Million Beschäftigten aller Branchen beteiligt haben, müssten 22 Prozent der Betriebe bei einer kurzfristigen Nichtverfügbarkeit von Gas den Geschäftsbetrieb einstellen.

Von den energieintensiven Betrieben wäre es sogar jedes dritte Unternehmen. Weitere 17 Prozent wären in hohem Maße negativ betroffen. Insgesamt sind damit von einem Gas-Stopp knapp 40 Prozent der Unternehmen dramatisch betroffen.

„Im Falle eines Lieferstopps von russischem Gas befürchten die betroffenen Unternehmen einen Umsatzrückgang von 40 Prozent. Ein Gasembargo würde in Deutschland und Bayern zur Rezession führen. Nur eine starke Wirtschaft kann aber helfen. Wir blicken auf dieses Szenario mit allerhöchster, extremster Sorge“, betont vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Im Schnitt geben die mindestens leicht betroffenen Unternehmen an, im Fall eines Erdgasstopps noch 49 Tage weiterproduzieren zu können.

Allein in Bayern wären Branchen mit mindestens 220.000 Beschäftigten direkt betroffen. Noch viel stärker sind die indirekten Effekte, weil Gas als unersetzlicher Rohstoff zur Herstellung von Vorprodukten benötigt wird, etwa in der Chemieindustrie zur Herstellung von Grundstoffen aller Art oder in der Metall- und Elektroindustrie. Das Fehlen dieser Vorprodukte hätte gewaltige soziale und ökonomische Konsequenzen“, erklärt Brossardt. Die Gesamtauswirkungen eines Lieferstopps von Erdgas inklusive der Sekundäreffekte auf die Lieferketten dürften immens sein. Die meisten Unternehmen überprüfen derzeit ihre Lieferketten über alle Stufen auf die Verwendung von Gas, um ein umfassendes Bild der gesamten Wertschöpfungskette zu erhalten. „Es ist vielmals noch nicht abschließend geklärt, wo genau überall Gas in der Zulieferkette verwendet wird. Wir müssen daher damit rechnen, dass die Betroffenheit entlang der Wertschöpfungsketten noch schwerer wiegt als uns das die Umfrage widerspiegelt “, erklärt Brossardt.

Laut Umfrage sind bereits jetzt drei Viertel der Unternehmen durch die enormen Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen direkt betroffen – im Schnitt stiegen die Preise um 47 Prozent. Brossardt: „In energieintensiven Industrien wie der Metallerzeugung, Chemie, Glas, Keramik und Steine/Erden muss jedes vierte Unternehmen zehn Prozent und mehr seines Umsatzes für den Energiebezug ausgeben. Ein Erdgaslieferstopp betrifft die gesamte Wertschöpfungskette.“

Im Fokus der Unternehmen steht die Diversifizierung des Energiebezugs. Fast 60 Prozent der Unternehmen wollen fehlendes Erdgas durch erneuerbares Gas (z.B. Biogas) kompensieren. Für 38 Prozent kommt auch eine Umstellung auf Strom, für 28,5 Prozent auf andere fossile Energieträger in Frage. „Kurzfristig ist eine Umstellung kaum möglich, langfristig nur mit hohen Kosten. Diese werden pro Anlage im Schnitt auf 350.000 Euro geschätzt. Und auch nach einer erfolgreichen Umrüstung könnten durchschnittlich nur drei Viertel der ursprünglichen Produktionskapazitäten erreicht werden“, erläutert Brossardt und ergänzt: „Jedes vierte Unternehmen befürchtet durch einen Erdgasausfall Schäden an den Anlagen, bestimmte Produktionsöfen wären unwiederbringlich beschädigt. Für rund zehn Prozent gibt es keine Alternativen zum Gas. Die Einstellung der Produktion wäre die Folge.“

Zur Wahrung der energetischen Versorgungssicherheit, die für die bayerische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung ist, würde jedes zweite Unternehmen eine Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken begrüßen. 38 Prozent fordern einen Ausbau erneuerbarer Energien, 36 Prozent sprechen sich für eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke aus. 


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