Mit Gedichten Erinnerungen wecken

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Mit seinem Projekt „Weckworte“ bringt der Poetry-Slammer Lars Ruppel (Berlin) junge Menschen und an Demenz erkrankte Personen auf besondere Weise zusammen: mit Reimen und Gedichten.

21 Schülerinnen der Klasse 8b der Maria-Ward-Schule in Würzburg nahmen an einem Workshop mit Ruppel im Caritas-Seniorenzentrum Sankt Thekla in Würzburg teil und gestalteten im Anschluss eine Vorführung für die Seniorinnen und Senioren. „Es sollte ein Vormittag werden, der den Schülerinnen noch lange in Erinnerung bleiben wird“, schreibt Deutschlehrer Andreas Lösche. Bevor es losging, informierte Anna Leven, zentrale Praxisanleiterin bei der Caritas-Einrichtungen gGmbH, die Schülerinnen über das Thema Demenz und den Umgang mit Betroffenen. Während des rund dreistündigen Workshops lernten die Schülerinnen, wie man klassische Gedichte wie Schillers „Glocke“ oder „Es ist, was es ist, sagt die Liebe“ von Erich Fried durch die „Weckworte“-Technik für Menschen mit und ohne demenzielle Erkrankung vorträgt. „Gedichte wurden eingeübt und um schauspielerische Einlagen erweitert. Gesten und Mimik wurden trainiert, Verse wurden mit rhythmischen Elementen unterlegt, Betonung wurde mit Bewegung verbunden. Gedichte wurden verkürzt oder um eigene Ideen ergänzt“, beschreibt Lösche. Im Anschluss trugen die Schülerinnen, moderiert von Ruppel, vor rund 15 Seniorinnen und Senioren ihre Gedichte vor. Heinrich Heines „Loreley“ kämmte sich tatsächlich die Haare, während sich der Schiffer dramatisch näherte. Damit sei der Bann gebrochen gewesen und einige Senioren hätten die „Loreley“ gesungen, schreibt Lösche. Bei „Mutters Hände“ von Kurt Tucholsky habe eine Schülerin reihum den Senioren die Hand gegeben und Strophen spontan so umformuliert, wie sie ihr für die jeweilige Person passend erschienen. Schillers „Lied von der Glocke“ oder „Dunkel war’s, der Mond schien helle“ hätten viele der an Demenz Erkrankten zum Erstaunen der Schülerinnen auswendig mitgesprochen. „Es wurde im Rhythmus der Worte gemeinsam geklatscht und sich bewegt.“

„Das war sehr schön“, freute sich eine Seniorin nach dem Workshop. Für die alten Menschen sei es ein Moment der Erinnerung und Lebensfreude gewesen, beobachtete Lösche. „Die Schülerinnen erlebten nicht nur die Kraft der Worte, sondern lernten auch, Lampenfieber wie Berührungsängste gleichermaßen zu überwinden.“ Nach langem Applaus dankte Georg Sperrle, Geschäftsführer der Caritas-Einrichtungen gGmbH, allen Beteiligten und versicherte, dass das Projekt auch in Zukunft weiterlaufen solle. Ziel des Workshops sei es, das Interesse an Gedichten zu wecken und damit die Lebensfreude und Erinnerung bei Menschen mit demenzieller Erkrankung oder geistiger Behinderung zu stimulieren, schreibt der Diözesan-Caritasverband. „Dabei geht es aber auch um eine gesellschaftliche Aufwertung der Pflege. Gleichsam möchten wir als Träger vieler Senioreneinrichtungen in Unterfranken vermitteln, dass Empathie in der Pflege von Bedeutung ist.“ Bereits 2014 war Ruppel mit seinem Workshop in Würzburg zu Gast. Damals nahmen Schülerinnen der Maria-Ward-Realschule und des Ursulinengymnasiums teil. Anschließend gestalteten sie gemeinsam je eine Poesie-Stunde im Seniorenbegegnungsstätte Altenbetreuungszentrum (ABZ) Heiligkreuz und im Caritas-Seniorenzentrum Sankt Thekla.

 Foto: © Theresa Siedler (Caritas) | Voller Körpereinsatz: Lars Ruppel (kniend) und eine Schülerin führen ein Gedicht mit der "Weckworte"-Technik vor.


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