Auf dem Fußweg von Sandberg über das Neustädter Haus hinauf zum Heiligen Berg der Franken thematisierten biblische Impulse aktuelle Herausforderungen wie Coronapandemie, Klimakrise, innerkirchliche Reformdebatten und Ukrainekrieg und die Frage, wie Christinnen und Christen damit umgehen können. „Jetzt ist die Zeit – nicht zurückzuschauen, sondern mutig nach vorne zu blicken“, betonte Bischof Dr. Franz Jung beim ökumenischen Gottesdienst am Freiluftaltar vor der Wallfahrtskirche. „Glauben und Hoffen hat auch mit Handeln zu tun“, ergänzte Regionalbischöfin Gisela Bornowski vom evangelischen Kirchenkreis Ansbach-Würzburg. Zuletzt hatte die ökumenische Wallfahrt zum Kreuzberg 2015 stattgefunden. In diesem Jahr stand sie unter der Überschrift: „Christen gemeinsam unter dem Kreuz. Jetzt ist die Zeit.“

Regionalbischöfin und Bischof predigten beim Gottesdienst zum Abschluss der Wallfahrt gemeinsam. Die Botschaft Jesu wehe wie ein frischer Wind in die Lethargie des Alltags der Welt hinein, erklärte Bischof Jung. „Wie Jesus die Jünger am See anspricht und auf seinen Weg mitnimmt, so nimmt er uns alle heute auf seinen Weg mit, damit das Reich Gottes unter uns erlebbar und spürbar wird.“ Die Regionalbischöfin rief der Wallfahrtsgemeinschaft zu: „Lasst euch tragen von der Hoffnung, dass Gott ein Freund des Lebens für seine Menschheitsfamilie und für seine Welt ist.“ Beide erläuterten, dass ihre Kirchen und sie selbst handelten, um Schritte der Veränderung zu gehen. Umweltarbeit und klimagerechtes Handeln und der Einsatz für Gerechtigkeit stünden in den Gemeinden und den Ebenen darüber auf dem Programm. Regionalbischöfin Bornowski lobte die junge Generation, von denen nicht wenige bewusst aufs Auto verzichteten und bei Kleidung auch auf Second Hand setzten. „Pfingsten steht vor der Tür: Rechnen wir mit dem Heiligen Geist, der uns verantwortetes Christsein ins Herz und in den Kopf bläst“, sagte Bischof Jung. Am Ende des Gottesdiensts jedenfalls waren die dichten Wolken, die am Morgen noch den Berg eingehüllt hatten, der Sonne und ihrer Wärme gewichen.

Gemeinsam brachen am Morgen bei Temperaturen wenige Grad über Null rund 75 Personen, darunter auch viele Jugendliche, am Wanderparkplatz am Sandberger Ortsrand auf. „Christlicher Glaube ist immer Zeitenwende. Wenn Jesus gefragt wird, wann denn das Himmelreich käme, dann antwortet er: Es ist bereits mitten unter euch angebrochen. Umkehr jetzt, nicht erst morgen“, betonte Kirchenrat Andreas Werner, Ökumenebeauftragter des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg. Sein katholischer Kollege Domvikar Professor Dr. Petro Müller sagte, unter dem Zeichen des Kreuzes könnten die Gläubigen umkehren und zugleich erkennen, dass sie geliebt seien. „Jetzt – heute können wir anfangen, umzudenken, umzukehren und neu zu handeln.“

Wie das aussehen kann, wurde unterwegs aufgezeigt. Lutz Mertten, evangelischer Pfarrer von Bad Königshofen, legte an einem großen Findling am Wegesrand die Geschichte von Lots Frau aus, die zur Salzsäule erstarrt, als sie sich wider Gottes Warnung auf der Flucht umdreht und sieht, wie Gott Schwefel und Feuer auf Sodom und Gomorra regnen lässt. „Das könnte auch unsere Versuchung werden: Dass wir gebannt auf das schöne, liebgewonnene, bequeme Leben schauen, wie es mal war – und das doch nicht zu retten ist.“ Im Blick auf die Klimakatastrophe seien Druck und Verbote nicht der richtige Weg. „Wir brauchen Ermutigung. Und wir brauchen ein Ziel. Wer nur das Unheil sieht, verhärtet sich und wird unfähig, sich und andere zu retten.“

Pastoralreferent Johannes Krebs, Jugendseelsorger bei der Kirchlichen Jugendarbeit (kja) Main-Rhön, deutete am Fuß des Neustädter Hauses das Jesuswort, bei dem es heißt: „Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ Mit der Hand am Pflug zurückzuschauen bedeute, die erforderlichen Aufgaben nur halbherzig durchzuführen. Das widerspreche der Haltung Jesu, dem es zutiefst ernst ist mit dem Reich Gottes. Am Gipfelkreuz in 928 Metern Höhe sprach Kirchenrat Werner davon, dass Gottesbegegnung das Bewusstsein weite, aber auch immer ein kurzes Aufleuchten und kein Dauerzustand. Das werde auch in der Erzählung des Evangelisten Markus über die Verklärung Jesu auf dem Berg deutlich. „Wir, die Kirche, die Christus auf Petrus errichtet, sind aber von dieser Welt. Die Kirche muss es sein. Sie lebt in dieser Welt, die so sehr Erlösung braucht. Und leider braucht mit dieser Welt auch die Kirche Erlösung.“

Mit einer Begegnung im Antoniussaal klang die Wallfahrt aus. Viel Lob war zu hören. „Die Stationen waren sehr ansprechend gestaltet. Da konnte man wirklich etwas für sich mitnehmen“, attestierten Franz und Ursula Barthelmes aus Bad Neustadt. „Mich hat beeindruckt, dass der Bischof sich Zeit genommen hat, von Sandberg aus bis zum Berg hinauf mitzulaufen“, sagte Adam Broll aus Steinach, der die Wallfahrer beim Singen auf seiner Gitarre begleitete. Rebekka Schmitt aus Bad Neustadt war von der Gemeinschaft und dem Austausch auf dem Weg angetan. „Die Impulse waren eine gute Anregung für die Gespräche beim Gehen.“


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